6. Monate Vorbereitung zur roth-challenge

IMG_3443Seit 2009 sitze ich aktiv im Rennradsattel, spulte Jahr für Jahr ca. Acht bis Zwölftausend Kilometer ab, alleine, in der Gruppe, meistens im Duo mit meiner Frau welche die gleiche Radaffinität wie ich besitze. Mal schnell, mal langsam, hier und da ein Jedermannrennen, vorwiegend RTF. Leistungsindikator war wenn überhaupt die Durchschnittsgeschwindigkeit. Wenn es mal richtig zur Sache geht, so richtig mithalten konnte ich nie, ordentlich mal “einen raushauen“ ging gar nicht, dass merkte ich Jahr für Jahr am traditionellen 24h Rennen Rad am Ring.

Nachdem meine Firma Anfang 2015 von einem ehemaligem Hauptkunden übernommen wurde, ich zum Personalgespräch in die roma – Zentrale gerufen wurde, teilte mir mein neuer Chef mit:“ Rinn du fährst anlässlich der Roth-Challenge 2016 das Rad in der Staffel.“ Aus unseren früheren Gesprächen wusste er um meine Rennradverbundenheit. Ohne großartig zu überlegen stimmte ich selbstverständlich zu. 180 KM, die wickel ich schon irgendwie ab. Somit war das Saisonziel 2016 gesetzt. Am 17.07 muß ich auf den Punkt genau fit sein, aber wie?
Es gibt nur einen in meinem Umfeld zudem ich das Vertrauen habe der aus einem Freizeitradler ein Ausdauersportler macht, Burkhard Barsikow samt Team der Villa-Aktiv in Gießen. Unser langjährig freundschaftlich bestehendes Verhältnis, vor allem seine Art Dinge mit einer Perfektion umzusetzen waren für mich der Garant zum Erfolg.
Bereits im IV Quartal 2015 berichte ich ihm von meinem Vorhaben, unser wöchentliches Aufeinandertreffen im sogenannten Rücktriathlon war der perfekte Einstieg. Seine Trainingsbedingung waren recht einfach umzusetzen, Wattmesser am Rad und Disziplin. Das Thema „Disziplin“ hat mich im Vorfeld am meisten abgeschreckt. Argumente wie du wirst nur noch alleine fahren, du wirst Gruppeninkompatibel, es wird eine einsame Zeit, usw. usw, brachten mich immer wieder in einen Zwiespalt. Umgekehrt, 180 KM mit Druck am Pedal eine Herausforderung der ich mich stellen wollte und, wenn ich schon mal in den Genuss kommen darf mit Profis so ein Ding abzufackeln, dann nur mit intensivem, leistungsorientiertem Training.
Im Januar 2016 fiel der Startschuss. In einem ausführlichen Gespräch wo ich selbst meine Ziele, Ansprüche usw definieren mußte, führte mich Burkhard in die Welt des Radrenntrainings. Immer an meiner Seite, meine Frau Dagi. Mir war ab diesem Tag klar du wirst ab sofort Trainieren und nicht mehr Rennradfahren, den Unterschied bekam ich schneller zu spüren als gedacht.

Die Ausgangslage knappe 80Kg auf den Rippen und einen Köperfettanteil von über 16%. Bei absolut untauglichem Radfahrwetter, wurden die ersten „Einheiten“ in den Keller auf die Rolle verlegt. Burkard teilte mir zu Beginn mit:“ Nachdem ich dir den Zugang auf meiner Trainingsplattform eingerichtet habe wirst du dort alle trainingsrelevanten Einträge machen und vorfinden. Du wirst für mich gläsern wie er noch anführte.“  Täglich Pulswerte, Mental und Muskelstatus zu definieren. Darüber hinaus so oft wie möglich das Training kommentieren, Erfahrungen sammeln mit welcher Übersetzung man die Wattleistung bei richtiger Trittfrequenz fährt, alles Neuland.

Je nach Zeitfenster, drei bis fünf Einheiten die Woche, alles nach Wattvorgaben. Langsam beginne ich mich mit den Dingen zu befassen. Es folgten die ersten Einheiten im Freien, zum Thema Schnitt empfahl er mir:“ Am besten den schmeißt du komplett von deinem Gerät runter. Es gilt nur noch Watt.“
Unendlich lange Grundlagenausfahrten, hohe Trittfrequenz mit integrierten Intervallen, bestimmten das Trainingsprogramm. Völlig neu, keine Pause. Also eiert man gefühlt im Schneckentempo durch die Walachei, merkt wie einem nach 2,5 Stunden irgendwo im Feld der Akku leer geht, der Zuckerspiegel in den Keller sinkt, alles Dinge die mir bis Dato unbekannt waren. Zum Radfahren, parallel Kraft und Stabitraining in der Villa, immer unter den kritischen Augen von Burkhard der jedoch meine Disziplin sehr lobte.

2016-07-25 10_37_16-My CloudEs näherte sich das Trainingslager in Mallorca, mit der wirklich ersten großen Umstellung. Fuhren wir in der Vergangenheit 6-Tage non stop, geführt in der Gruppe mit unserem befreundeten Guid Arnulf, sollte diese Woche gefühlt einsam werden? Nein, Dagi und ich konnten es mal genießen wirklich für uns alleine in die Pedale zu treten. Das passiert hier in der Heimat selten, immer im Umfeld mit Anderen. Auch Neu, Pause frühestens nach vier Stunden, Essen? Am besten gar nix, Fettstoffmobilisation wie es der Fachmann nennt, ich habe einfach nur mein Programm abgespult. Die Einheiten wurden immer intensiver und manchmal haben sie dann doch wehgetan. Den angeordneten Ruhetag verbrachten wir mit einem Tripp nach Palma, nach sechs Jahren Mallorca lerne ich Palma kennen, es war Training und Urlaub zugleich.
Das Wattfenster für Malle wurde mit einer vorherigen Laktatmessung festgelegt. Im Vergleich zur letzten Messung stieg die FTP-Schwelle um gute 8%. Es scheint das Rumgeier macht Sinn. Woche für Woche immer das gleiche Prozedere, ich gebe mein Vorgabefenster für Trainingszeiten, mache meine Täglichen Eintragungen, Burkhard legt das Training fest, überprüft, korrespondiert, lobt und was jedoch bei mir nie der Fall war, tadelt. Die Wattwerte wurden zunehmend höher, die Intensitäten mehr, es gab Tage da hätte ich mein Rad am liebsten in die Ecke geschmissen. Das ist Training, Dagi die immer dabei war baute mich auf, korrigierte meinen Stil wenn die Hacke mal wie schon so oft zu hoch stand, es war ein Mix aus Kondition, Koordination und vor allem Konzentration. Es gab Tage das war ich vom Kopf her fertiger wie von den Beinen.

Erster längerer Härtetest der Rhön-Marathon in Bimbach (210KM | 3850HM). „Den wirst du fahren wie du ihn noch nie zuvor gefahren bist“, so Burkard im Vorfeld. Recht hatte er, jedoch nicht wegen seiner Werte, Schnee, Hagel, 150KM Sauwetter mit Temperaturen teilweise über dem Gefrierpunkt wo man sich fragt, was tut Mensch sich eigentlich alles an. Statt 210 nur 180KM mit knappen 3000HM, es war eine Qual.

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Der Tag X nahte immer näher. Bei einem von vielen Arbeitseinsätzen in der Zentrale bei Roma die Frage:“ Und Rinn, bist fit? Schaffst du einen 30er Schnitt, alles über 5:45h geht gar nicht“… Sprüche halt…,  auch wenn ich mir nicht wirklich was daraus gemacht habe, irgendwie saßen die Spitzen.Und mir fehlte jegliche Selbsteinschätzung. Mir blieb das uneingeschränkte Vertrauen in Burkhard der mir immer wieder versicherte: “Du bist in guter Verfassung“. Aber wie stellt man sowas selbst fest?

Es kam der Tag des Delta-Bike Schmelzrennen. Da ich mit in der Vorbereitung, Umsetzung für die Veranstaltung verantwortlich bin, überhaupt keinen Schwerpunkt auf das Fahren setzen kann, wollte ich auch „nur“ mit hochrollen. Zu Beginn auch wirklich nur gerollt, bevor ich merkte heute geht was. Und die Beine gingen für meine Verhältnisse wie die Sau. 40sec. schneller wie im Vorjahr, mir wurde erstmals bewusst, die Worte von Burkhard in Punkto Leistungssteigerung haben Früchte getragen. Ich habe Leute hinter mir gelassen wo ich im Traum nicht daran dachte die jemals ins Visier zu nehmen. Da war es, dieses Thosten Legat „Kasalla“ Gefühl, mit dem er in der Zeit bei RTL´s Dschungelcamp polarisierte.

Ab jetzt nur noch Kasalla? Manchmal glaubte ich Burkhard wollte mich umbringen… Bei meiner zweiten Fahrt im Auflieger von Grebenhain hoch zum Hohenrodskopf sollte ich 280 Watt drücken. 4- Mal für 10 -12 Min. Ich mußte das Training abbrechen, ich war völlig im Arsch, frustriert und der 17.07 näherte sich unaufhaltsam.
Im ständigen Dialog mit Burkhard der anhand meiner Ergebnisse meine Trainingswerte anpasste und ganz nebenbei partizipierte  eine weitere Person davon, Dagi die am Berg immer schneller wurde.

IMG_3495Es begann die heiße Trainingsphase was bedeute, Training wenn geht nicht mehr ausfallen lassen und diszipliniert die Vorgaben erfüllen. Knappe vier Wochen noch und dann war es soweit. Ein letzter Check vor dem großen Ritt, Hessemeisterschaft Einzelzeitfahren in Stadtallendorf. Als ich dort antrat dachte ich wirklich ich bin im falschen Film. Herrgott wurde hier ein Material aufgetragen, da ist man mit seiner knapp 4.000 EURO Cervelo-Maschine völlig untermotorisiert. 27KM, Vollgas was nach dem Zieleinlauf bedeutete, 300Watt Dauerleistung auf 42Min und einem 38,4er Schnitt. Platzt 6 in der AK, WOW.. Kasalla, selten fühlte ich mich so gut drauf. Wenn mir Junge Elite-Fahrer die allesamt meine Kinder sein könnten gerade mal drei Minuten auf gleicher Distanz abnehmen dann kann man zufrieden sein.

Jetzt kam nur noch eins, der 17.07. Bereits am Samstag reisten wir an. Mit dem Abholen der Startunterlagen, dem Radeinchecken, Wettkampfbesprechung waren wir den ganzen Tag beschäftigt. Mein Rad mit tausenden von Rädern unter Verschluss. Was hier für Material geparkt wurde übertraf alle meine Vorstellungen. Gegen Abend Besuch von meinem Chef dem ich seine Startunterlagen übergab, kurzer Plausch und ab ins Bett.

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Roth ist an diesem Wochenende im völligen Ausnahmezustand. Man riet uns sehr zeitig vor Ort zu sein, alleine für die Anreise am Sonntag von der Abfahrt Allersberg bis zu einem der 36.000 Parkplätze braucht man eine gute Stunde.
Unser Hotel lag im ca. 40 KM entfernten Greding, von außen hui, von innen… uiuiui… 110 EURO für das DZ, das war eine harte Nummer für eine Besenkammer unterm Dach.

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3.30Uhr:
Aufstehen, Duschen, vorbereiten und Frühstück, Abfahrt nach Hipoltstein. Gegen 6.00h standen wir auf dem Parkplatz in Heuberg. Von hier ca. 300mtr bis zur Brücke die über den Main-Donaukanal führt. Es ist der Logenplatz zur Startverfolgung. Aus den Lautsprechern dröhnen die Hymnen aller teilnehmenden Nationen, rotierende Hubschrauber über uns, Heißluftballons machen sich startklar, man kann die Stimmung mit Worten überhaupt nicht beschreiben und ich darf später „Mittendrin als nur dabei“ sein.

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6.30Uhr:
Es tut einen Schlag den ich nur kannte wenn wir damals in Grafenwöhr auf dem Truppenübungsplatz 155mm Geschosse mit ordentlich Treibladung durch die Haubitze in den Himmel gejagt haben. Hier war es der Startschuß der Profis. Die besten Triathleten der Welt kämpfen um ihre Position, einer der seit Tagen polarisiert, Jan Frondeno. Der Weltmeister, Hawaii – Gewinner will hier und heute einen neunen Weltrekord aufstellen, und ich mittendrinn statt nur dabei. Natürlich kreuzten sich unsere Wege als er es fast schaffte mich in dem Kilometerlangen Stau von der Spur zu schubsen als er mit seinem Canyon-Touran und Koblenzer Kennzeichen an allen vorbei zog. Profistatus halt. 260.000 Zuschauer wollen sehen wie er den Kampf gegen die Uhr gewinnt. Und das absolut obergeile, diese 260.000 stehen bei den Jedermännern genauso frenetisch an der Strecke wie bei den Profis. Roth-Challenge, eine Wahnsinns Kulisse entlang der 180KM Radstrecke. Alle fünf Minuten das Donnern, im Fünfminutentakt gehen die Schwimmer ins Wasser.

Mein Handy klingelt, Doris meine Staffelschwimmerin, mit leicht nervöser Stimme teilt sie mir mit das sie die verabredete Zeit von 7.00Uhr nicht halten kann. Es ist Ausnahmezustand, wir bleiben im ständigen Kontakt, um 8.00 trifft sie auf dem Parkplatz in Heuberg ein. Der Puls steigt, ich fahre mich warm sie geht schon mal runter zum Start. Gemeinsam gehen wir zur Parkposition meines Rennrades. Von hier bis zum Einlass des Schwimmens gute 250Mtr. Ich bringe sie zu zum Einlass, kurze Umarmung Toi Toi.

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9.00Uhr:
Wrrrummmmm, der Letzte laute Kanonenschlag, nun hat auch für Staffelnummer 4641 Team roma KG das Rennen begonnen. Jetzt sind die Letzten der ca. 6000 Starter im Wasser. Es dauert nicht lang und ein riesen Gegröle in der Staffelwechselzone wo noch weit über 600 Räder stehen. Der erste Staffelschwimmer kommt aus dem Wasser, ab dann wie beim Katzenmachen.. Ständig hört man die Lautsprecherdurchsage wer gerade das Wasser verlassen hat.

10:16Uhr:
Höre ich den Namen Doris Kraus, mein Herz schlägt ab jetzt im Hals… 2:21 Min, Transistionstime.. Doris kommt, völlig kaputt, 1:15Std ihre Zeit, geile Zeit, Transponderwechsel, ich schiebe mein Rad aus der Wechselzone.

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10:19Uhr :
Roth-Challenge 2016 hat für mich begonnen. Auf der Main-Donau Brücke steht Dagi und feuert mich an. An, ist auch mein Livetracker, ab sofort stehe ich im Fokus meiner Freunde. Jetzt bloß nicht überziehen. Den Wattmesser fest im Auge und nach Vorgabe von Burkhard. In der Ebene 230-240 und am Berg 260-270 Watt. Alle 30 Minuten mache ich am Garmin einen Rundenstop, so kann ich meine Wattleistung besser einstufen. Alles geht wie die Sau, die Beine, dass Rad, alles. Im Kopf Burkhards eindringlicher Ratschlag, ernähre die permanent, und trinke Waser Wasser Wasser. Nach 60 Min 38,6er Schnitt, ach du Scheiße denke ich, aber mir geht es topp. An jeder Ecke Menschen die einen Anfeuern als wenn Frondo zum ersten Mal vorbeifährt. Ich trage das Outfit der Tour der Hoffnung. Die Tour ist hier bekannt, vor Jahren waren wir im LK Bamberg, die vielen Sprecher auf den Bühnen sehen dich und heizen ein:“ Wir begrüßen die Tour der Hoffnung und es ist Wolfgang Rinn der für die Tour fährt“. Gigantisch, man fühlt sich als Jedermann wie ein Profi. Nach ca. Einer Stunde erreiche ich zum ersten Mal den wohl spektakulärsten Streckenabschnitt „Solarer Berg“. Was man hier erlebt ist wirklich unbeschreiblich, in meinen kühlsten Träumen hätte ich nicht gedacht was mir zuvor Roth-Aspiranten androhten.

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Man schießt mit einer Abfahrt und weit über 50 Klamotten nach Hipoltstein. Vor dir baut sich der Solarer Berg auf, etwas knackig und ca. 300mtr. Lang. Menschenmassen, eine Riesenbühne von Bayern 3 samt Einpeitscher, Gegröle, Bilder die man nur von man nur von Alp Duez´ kennt. Es kanalisiert sich ein Weg durch die Menschenmassen, ich kriege sofort Gänsehaut wenn ich daran denke. Oben angekommen eine von vielen Verpflegungsstellen die alle 17,5Km eingerichtet waren. Dort wartet Dagi auf mich um mir meine zweite Flasche Buffer, ein Spezialmix aus Irgendwas zu reichen. Sie hatte mit mir noch gar nicht gerechnet.

Mittlerweile über 70 KM auf der Uhr, Durchschnittsleistung 240 Watt, und immer noch 36,4er Schnitt. Mir war aber klar dass ich das Tempo nicht halten kann. In der folgenden Stunde fiel meine Leistung auf nur noch 220 Watt ab, was mich nicht wirklich beunruhigte. Bei der zweiten Ortsdurchfahrt in Greding  wo man mit einer 200mtr. 11% Rampe begrüßt wird merkte ich deutlich, ups dass ging vor einer Stunde deutlich besser. Man verlässt Greding auf einer Anhöhe und mit welligem Profil geht es für weitere 3 Km terrassenförmig bergauf. Am Horizont reihen sich Windräder die einem deutlich signalisieren, im nächsten Drittel geht es nicht nur gegen den Berg, der starke Gegenwind mach einem sehr zu schaffen. Jetzt die 240 Watt zu halten tut schweineweh. Ich nehme raus, als ich das erste Mal aus dem Sattel gehe und mich wieder setze, ach du Scheiße, Schmerzen in der Leiste, vorsichtig nehme ich den Tritt auf. Es beginnt der Kampf im Kopf alleine gegen mich selbst.

Wenn dir jetzt die Kette reißt, oder einen Platten hast, einmal vom Rad runter und du kommst nicht mehr hoch. Ich hatte ganz schön zu beißen. An der Strecke wurde es auch viel ruhiger, klar die Meisten waren auf dem Weg in Richtung Roth um das Marathonspektakel zu sehen. Immer wieder versuchten Leute an meinem Hinterrad zu lutschen, also hatte nicht nur ich, auch andere nun mehr denn je zu kämpfen. Die Lutscher wurden schnell von einem der über 80 Scouts welche mit Motorrädern auf der Strecke waren abgemahnt.

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Zum zweiten Mal fahr ich an Michelé vorbei. Er ist der herzlichste Mensch den ich kenne. Schon seit Jahren ist er auf allen Großveranstaltungen des Radsports anzutreffen, immer nett und freundlich. Ständiger Begleiter der Tour der Hoffnung. Er motiviert Menschen, egal wie schnell oder langsam, Tag zuvor haben wir noch zusammen im Expogelände gesessen.

14:30Uhr:
Es war das letzte Mal das ich auf die Uhr geschaut habe. Jetzt bloß nicht überpacen auf den letzten Kilometern. Gute 30 Km lagen noch vor mir. Jedes Zwicken hätte auch schlagartig in einen Krampf übergehen können. Also wenig Druck am Berg, und mit Flow in die Abfahrten. Ich habe im Wechsel alles in mich rein geschmissen was ich noch hatte. Egal wie, jetzt gilt es nur noch anzukommen. Als ich das zweite Mal am Startpunkt vorbeikommen, kam sie, die zweite Luft. Mein zwischenzeitliches Wattfenster von 190 der letzten 30 Minuten, konnte ich jetzt nochmal puschen. Da keine Anstiege mehr kommen mit Kasalla zum Finale. Aus der Ferne höre ich das Ohrenbetäubende Getöse am Zieleinlauf der Radstrecke. Ach du Scheiße was war denn hier Los.

15:31Uhr:
Ich biege in den Zielbogen ein, Dagi nehme ich Schemenhaft am Sperrgitter war, es macht nur piep piep, das letzte Mal das ich den Transponder auslöse bevor ich ihn gleich übergebe. Helfer holen mich vom Rad was sofort in die Sperrzone gebracht wird. Ich stehe nach 5Std und 12Min zum ersten Mal wieder auf den Füßen, bekomme Anweisung wo ich hinlaufen muss. Mit Laufen hatte es nichts mehr zu tun, es war ein Eiertanz auf ca. 150Mtr.

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In der Wechselzone suche ich meinen Partner, ich rufe:“ Herr Uffinger, Herr Uffinger…“ doch keiner Antwortet. Das gibts doch nicht denke ich. Ich rufe wieder, und da plötzlich taucht er auf, völlig entsetzt mit den Worten:“ Mensch Rinn bist ja schon da, ich war noch mal für kleine Jungs“ Transponder ab, an und weg war er. Ich sacke ab auf die Bank, habe höllische Schmerzen in der Leiste, im Rücken, mir geht es total Scheiße. Nach zehn Minuten hole ich mein Handy raus, Scheiße Akku leer. Ich gehe ins Verpflegungszelt, reiße hintereinander fünf Becher Cola runter, ziehe mir ne Hand voll tuc-Kekse rein, der Körper schreit nach Salz.

Wo ist mein Rad, mein Tacho und Dagi. Ich gehe zum Rad, Tacho war im Standby-Modus. Angemacht, ich gucke, ich kann es nicht glauben, 180 KM | 1396 HM in 5:12h, 220Watt Dauerleistung, 34,6er Schnitt mir schießen vor Freude die Tränen aus den Augen. Barfuß gehe ich Richtung Absperrung, da steht Doris, WOW sagt sie, absoluter Respekt für den Ritt… Danke, und wir beglückwünschen uns freundschaftlich. Ich sehe Dagi, gehe auf sie zu, fall ihr um den Hals und heule wie kleines Kind, ich kann es immer noch nicht fassen. Sie freut sich für mich mit. Sie ist an dem Erfolg maßgeblich beteiligt, ohne sie wäre Roth nicht möglich gewesen. Sie holt mir eine Bratwurst, Wolfgang isst immer nach dem Radfahren eine Bratwurst, nur diese hätte nach dem vierten Biss wieder auf dem Tisch gelegen.

Ich gehe zurück in die Wechselzone. Mein Rücken schreit nach einer Massage. Ein kostenloser Service wie vieles von tollen Angeboten zum Event. Ich muss eine dreivierte Stunde in der Schlange warten. Egal, schnell kommt man ins Gespräch, dann bin ich an der Reihe. 20Min., die Physiotherapeutin sagt:“ Junge deine Beine sind Butterweich“ mir wird immer bewusster was Burkhard in den sechs Monaten aus mir gemacht hat. Schnell, Fit wie die Sau und selten mehr wie 75,3KG auf der Waage und Köperfettanteil bei 12%.
Duschen wollte ich, aber 12 Duschen für 1000 Leute, das war sozusagen der gespielte Witz. Mit meinem Rad und Gepäcksack unterm Arm, bin ich zurück zu Dagi. Doris hatte sich zuvor schon verabschiedet. Jetzt noch mal 12Km mit dem Rad von Roth nach Hipoltstein. Es ging allmählich wieder.

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Auf dem Parkplatz in Heuberg angekommen erst mal Handy eingestöpselt. Kaum war es an, lauter Anruferinnerungen, whatsApp usw…. Mein Livetracker hat sich mangels Akku bei KM 163 verabschiedet, die meisten der 33 Follower dachten mein Rennen wäre vorzeitig zu Ende. Als aller erstes habe ich Burkhard angerufen. Ich denke er war von der Leistung wie meiner einer begeistert. Vor dem Wettkampf schätze er mich auf 5:30 bis 5:40 ein, real aber bei 5:20-5:25. Um mir den Druck zunehmen verschwieg er mir es verständlicher Weise. Mit der Istzeit konnte auch ich ihn noch überraschen.

In der Wertung der Staffelfahrer bin ich 59 schnellste Zeit gefahren. Bei fast 1000 Staffeln eine Granatenleistung. Meine spätere Selbstrecherche brachte mich zum Ergebnis, Läufer und Schwimmer mit meinem Leistungslevel und wir wären unter die Top 10 gekommen.

Aber unsere Staffel hat alles im Rahmen seiner Möglichkeit gegeben. Team roma KG war saugut! Es war das Erlebnis des Jahres.

Wir haben uns umgezogen und sind zurück an die Marathonstrecke. Herr Uffinger den wir ab 19.30Uhr am Ziel erwarteten sollte von uns auf den letzten 500Mtr. begleitet werden.
Da war es wieder diese Kasalla – Gefühl. Im Finalstadion Menschen über Menschen.

19.42Uhr:
Es ist soweit. Roland Uffinger, Kfm. Geschäftsführer der roma KG die mittlerweile über 1000 Mitarbeiter führt in Sichtweite. Junge sieht der Fertig aus hab ich zur Dagi gesagt. Wir haben uns neben ihm eingereiht um im Trio die letzten 500 Meter zu genießen. Es war Atemberaubend und nach 10Std. 42Min. und 19Sec. hielt die Uhr an für Team romaKG Staffelnummer 4641. Er brauchte 4Std. und 8Min. Wahnsinn!
Überglücklich gratulierten wir uns gegenseitig, Finisher – Foto und dann… Es war mittlerweile 20:10Uhr, wir waren seit nunmehr 17,5 Stunden auf den Beinen. Mein Magen schreite nach Pasta und vor uns lagen noch drei Stunden Autofahrt.
Unseren Siegersekt haben wir vertagt. Herr Uffinger versuchte in dem chaotischen Gewusel seine Familie aufzufinden, und wir verabschiedeten uns in Richtung Heimat wo wir um 23:30 Uhr glücklich und völlig kaputt angekommen waren.

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Das war Roth -Challenge 2016. Ich danke Burkhard für seine Arbeit. Nicht nur für mich, ich schätze auch für ihn war es eine mit Spannung erwartende Aufgabe. Wie werde ich mich entwickeln, was bringt leistungsorientiertes Training, lohnt sich der Aufwand. Fragen über Fragen zu denen es Antworten gibt. Ja um es kurz zu machen. Jetzt wo ich sozusagen Blut geleckt habe, wo mir das dranbleiben eines Hinterrades bis auf Wenige nicht schwer fällt, wo man vom Jäger zum gejagten wird, bestätigt mich alles richtig gemacht zu haben. Aus dem RTF-ler ist annehmbare Konkurrenz geworden, und jetzt wird erst richtig Gas gegeben.

Ein Profi hat mich herangeführt im Feld von Semiprofis mitzumischen. Es hat des Öfteren höllisch wehgetan, es war eine Selbsterfahrung dessen Ergebnis ich nie geglaubt hätte. Wenn Roht rum ist so Burkhard, wirst du ein Fundament haben auf das man erst jetzt richtig aufbauen kann. Ich sage nur Kasalla!

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